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(UK 1925) Eine frühe Verfilmung eines Klassikers der englischen Jugendliteratur aus dem spätem Viktorianismus, als britische Forscher sich mit anderen Nationen ein Wettrennen durch Afrika lieferten, um die Rohstoffe durch das eigene Land verwerten zu können, ohne dabei nicht die geringste Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung zu nehmen. H. Rider Haggard kannte Südafrika, er hatte dort ein halbes Jahrzehnt in der örtlichen Kolonialverwaltung gearbeitet, bevor er, wieder zurück in England, diesen Roman schrieb, der auf Anhieb zu einem Bestseller wurde. 

Dieser Film, gedreht von englischen Regisseuren mit englischen und deutschen Schauspielern, abgesehen von der amerikanischen Hauptdarstellerin in Berlin, damals das bedeutendste Studio Zentraleuropas[1] war bereits die siebte Verfilmung dieses Stoffes, allerdings die erste von über einer Stunde Dauer[2], und sie ist verglichen mit den bekannteren Tonfilmfassungen von 1935 und 1965 inhaltlich sehr nahe an der Buchvorlage. 

Betty Blythe ist eine heute fast völlig vergessene amerikanische Schauspielerin der 1920, die damals „skandalöser Weise“ keine sonderliche Abneigung hatte nur mit minimalster Kleidung vor der Kamera zu agieren. Entsprechende Szenen konnten die örtlichen Zensoren ja nach Belieben aus den Kopien herausschneiden, leider sind die meisten Filme wie bei ihrer „Konkurrentin“ Theda Bara im Laufe der Zeit der Vernichtung anheim gefallen (nein, nicht nur das Fox-Lager ist in seiner Gesamtheit verbrannt – Zelluloid ist ein exzellenter Brennstoff[3]), von ihrem Queen of Sheba gibt es nur mehr Standphotos, in der sie nur mit Schleiern bekleidet ist, die mehr ent- als verhüllen. Davon abgesehen war sie, verglichen mit ihrem Co-Star eine exzellente Schauspielerin. 

Im Film geht es wie im Buch um eine Expedition eines britischen Forschers (Heinrich George) zusammen mit dem Sohn (Carlyle Blackwell) eines verstorbenen Kollegen nach Äthiopien, wo es angeblich die Flamme des ewigen Lebens gibt. Zumindest war der Kollege davon überzeugt, da er auf eine antike griechische Textquelle gestoßen ist. Die Expedition erleidet Schiffbruch, stößt auf eine einheimische Bevölkerung, mit allen damaligen rassistischen Stereotypen, die von einer Königin weiter im Landesinneren beherrscht werden und wie es sich für einen Roman gehört, hat die antike Quelle recht. Die Königin, die titelgebende Sie-der-man-gehorchen-muss kennt die Flamme des ewigen Lebens, und hat sie vor gut 2500 Jahren schon selbst verwendet, sie hatte auch schon vor über 2000 Jahren Kontakt mit dem Griechen, von dem das Textfragment stammt und der Sohn des Forschers ist in ihren Augen die Wiedergeburt dieses Griechen, in den sie sich damals unsterblich verliebt hat – dass eine Einheimische (Mary Odette) draußen die Augen auf ihn geworfen hat und sie sogar nach Landessitte verheiratet sind, stört sie als absolute Monarchin und Zauberin im Stile einer Alcina wenig – ein einfacher Hinweis auf die Tatsache von seiner Angetrauten macht ihn zum Witwer, was aber keinen der Expeditionsteilnehmer sonderlich stört. Vor der fauchendes Flamme des ewigen Lebens wird aber dem Reinkarnierten dann doch etwas mulmig, worauf sie Sie entscheidet mit gutem Beispiel voranzugehen – ein Fehler. Einmal macht unsterblich[4] aber das kann man nicht mehr steigern, beim zweiten Mal verbrennt man dann, und zwar so dramatisch wie der Teufelsbeschwörer am Ende von Die Neun Pforten. Und nein, die Expedition entscheidet sich für die sofortige Rückkehr nach England. 

Leander de Cordoba und G.B. Samuelson sind leider kein Fritz Lang oder Friedrich Wilhelm Murnau, aber zumindest die Sets eines Heinrich Richters sind bemerkenswert, Heinrich George spielt mal eine positive Rolle, wenn man an Schmutziges Geld oder Hitlerjunge Quex denkt.

[1] Auch Alfred Hitchcock wurde als Regieassistent zu Beginn der 1920er nach Berlin geschickt, da er dort, auch nach Ansicht seines damaligen Studios, noch am meisten Lernen konnte. 

[2] Die vom mir gesehene Fassung ist die US-Fassung, die von den ursprünglich gut 90 Minuten auf etwa 60 Minuten gekürzt ist. 

[3] Zelluloid (Zellulosenitrat) wird unter dem Markennamen Cordit auch als Treibmittel für Geschosse beim Militär verwendet. 

[4] Gut, relativ unsterblich. Das weiß man als Perry Rhodan Leser.

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt0016338/reference/


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