(Österreich 1938)
Als in Berlin die Nazis herrschten, konnten sich jüdische Kunstschaffende noch problemlos in Österreich austoben, obwohl auch dort Faschisten herrschten, die sich noch in Mussolinis Schatten sicher fühlten, ebenso bestanden auch noch gute Verbindungen zur anderen Hälfte der ehemaligen Doppelmonarchie, wie man in diesem Film, der kurz vor dem Anschluss noch auf die österreichischen Leinwände kam, sehen kann.
Den Anfang macht ein Fußballspiel, dass die österreichische Mannschaft 3:1 gegen die ungarische verliert, aber da der Manager (Oszkár Denez) und Onkel des Mannschaftskapitäns Lazy bereits das Revanchespiel in Budapest ausgemacht hat, soll sich die Mannschaft auf seinem ungarischem Landgut erholen. Zur gleichen Zeit, will sich aber eine Fabrikkantentochter (Rosy Barsony) nicht mit einem stereotyp geizigem schottischem Millionär (Tibor Halmay) verkuppeln lassen und büxt aus, Lubitschs Monte Carlo lässt grüßen, doch ihre Fluch wird mehr zu einem Trip einer Claudette Colbert in It happened one Night.
Das Landgut ist verkommen, da auch der Verwalter (Ferdinand Mayerhofer) in seinem Geiz dem schottischem Bräutigam in nichts nachsteht, die Betten brechen zusammen, in der Badewanne schwimmen Gänse und als Verpflegung steht nur Paprikaschinken und Brot bereit, genau das, was ein Leistungssportler nicht braucht. Gut, Frauen braucht der auch nicht, aber was soll man machen, wenn sich die Millionärstochter in den Mannschaftsbus geschmuggelt hat und als Gepäckstück ebenfalls ohne eigenes Gepäck als blinder Passagier mitgekommen ist. Aber das ist nicht das einzige Problem für die Mannschaft, denn sinnigerweise hat der Verwalter unter der Hand das Gut auch an eine Damensegelmannschaft vermietet, und deren Mannschaftskapitänin ist der Ansicht, dass Sportlerinnen nicht von attraktiven Männern abgelenkt werden dürfen, während der Baron sich plötzlich mit dem verlassenem Bräutigam herumschlagen muss, dem er gerne seine heiratswillige Freundin (Hortense Raky) verkauft.
Es ist ein Operette – entsprechend werden da natürlich auch Personen und Thematiken gedoppelt, will die eine ihren Verlobten nicht heiraten, muss natürlich eine andere heiraten wollen, doch in ihrem Fall will der Freund natürlich nicht, ist der eine geizig, weil er Schotte ist, muss der andere es auch sein, schließlich will man sich ja mit Frauen vergnügen.
Am Ende bekommt jeder Topf seinen Deckel und nur der Baron bleibt zufriedener Single, denn der Schauspieler war ja im echten Leben mit dem weiblichen Star verheiratet, was eine große Tanznummer der beiden erklärt. Mit dem Anschluss war natürlich Schluss mit der Bühnenkarriere der beiden Stars, da ihnen wegen ihrer jüdischen Herkunft ein Auftrittsverbot auch in ihrer Heimat Ungarn auferlegt wurde – und wohl mit viel Glück dem Holocaust entkamen. Denez starb 1950 in Triest, seine Gattin 1977 in Wien.
Sportfilme waren in den 1930ern ja beliebt. man denke an Der Boxer und die Dame mit Max Baer und Myrna Loy, oder an Search for Beauty mit Buster Crabbe oder Million Dollar Legs. Dieser Film, der auch unter dem Titel Die entführte Braut lief, damit man ihn nicht mit der gleichnamigen Operette von Paul Abraham[1] verwechselte, die damals immer noch in den Theatern lief und bei Weitem mehr Musiknummern als diese Verfilmung des Librettos hatte, zog seine Strahlkraft an der Kinokasse nicht nur aus der Operettendiva Rosy Barsony, einem Energiebündel ähnlich Lyda Roberti sondern auch aus dem Erfolg des österreichischem Fußballteams in der ersten Hälfte des Jahrzehnts, als es 14 mal gegen alle europäischen Mannschaften gewonnen hatte und nur 1933 gegen die zuhause unschlagbaren Engländer mit 3:4 (2:0) verlor und deswegen als Wunderteam bezeichnet wurde. Fußballspieler mögen jetzt nicht die größten Sänger sein[2], aber sie können zumindest gut aussehen, auch wenn der Mittelstürmer Matthias Sindelar unter den Schauspielen dann doch heraussticht, weshalb er sich im Prinzip selbst spielt.
[1] Sie läuft seit dem vor etwa 20 Jahren wieder einsetzendem Paul-Abraham-Revival regelmäßig auf Bühnen des deutschen und ungarischen Sprachraums.
[2]“Bin i Radi, bin i König“ von 1860s Radenkovitsch ist immer noch häufiger im Radio zu höhren als Beckenbauers Abstecher ins Aufnahmestudio.
IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt0029503/reference/
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