Oh! What a Lovely War

(UK 1969)

1963 erreichte ein satirisches Bühnenmusical des Authors Len Deighton in einer erweiterten Fassung das Londoner Westend, das dortige Gegenstück zum Broadway, und wurde ein voller Erfolg. Entsprechen fanden sich auch einige Größen der Britischen Bühne zusammen, um dieses auf die Leinwand zu bringen, der Schauspieler Richard Attenborough erklärte sich bereit, die Regie zu übernehmen. Es war seine erste Regiearbeit.

Der Film ist eine Revue, in der die Urkatastrophe Europas anhand einer englischen Familie mit den Liedern des ersten Weltkriegs dargestellt wird. Von einer Portraitphotographie der führenden politischen Personen, mit all ihren vorgefassten Meinungen übereinander, stolpert man von der Julikrise 1914 – die Ermordung des österreich-ungarischen Thronfolgers in Sarajevo, dargestellt als das Zünden des Blitzes durch den Photographen,  in den nächsten Krieg, der sich dann eben nicht als schnelle, kurze Sache, sondern als menschenfressendes Monster entpuppt.

Im Film sieht man alle möglichen Größen der der damaligen Londoner Theaterszene in Gastauftritten, Maggie Smith zum Beispiel als Sängerin in einer Revue, in der für die freiwillige Meldung für die Armee – das vereinigte Königreich kannte bis 1916 keine Wehrpflicht, die Armee war relativ klein und nur für Kolonialkriege gedacht, da die Hauptverteidigung der britischen Inseln in den Händen der Royal Navy lag, und die war bekanntlich zum damaligen Zeitpunkt die größte der Welt – wobei hier vom Text eine interessante Brücke zwischen Soldatenberuf und Prostitution geschlagen wird, was auch noch durch das Bühnenmakeup in Nahaufnahme verstärkt wird.
Natürlich, es ist ja eine britische Produktion, spielt auch die flandrische Mohnblume[1] als Stilelement eine Rolle.

Die internationale Kritik über den Film war geteilt, mochte man ihn im Vereinten Königreich, war er in den USA ein wenig zu eurozentrisch – die USA waren ja nur spät eingestiegen, und die Textzeilen in Cohans Overthere waren am Ende ein wenig zu defätistisch wenn der Chorus am Ende der Nummer singt „And we won't come back, till we're burried overthere“ (Und wir werden nicht zurück kommen, bis wir da drüben beerdigt worden sind), was aber die großen Kritiker nicht daran hinderte, diesen Film als monumental zu preisen, im Gegenteil zur deutschen Kritik, die mit dem Film ihre Probleme hatten, weil die Kriegsschuld nicht mit der damals populären Fischer-These der deutschen Alleinschuld[2] erklärt wurde und das deutsche Publikum mit den Liedern nichts anfangen konnte (wenn man die deutsche und die englische Wikipedia vergleicht [durchgeführt am 10. November 2024] ist die diametrale Sicht augenfällig – 11 Zeilen Kritik versus 19 Zeilen Reception. Dennoch bleibt dies ein beindruckender Antikriegsfilm, der sich durchaus mit Filmen wie Die große Parade vergleicehn kann, auch wenn er von völlig anderer Art ist, wie Im Westen nichts Neues.

[1] Im vereinigten Königreich ist es seit 1919 üblich, den Gefallenen des Krieges am Tag des Waffenstillstands, dem 11. November, eine Mohnblume (auch als Imitat) am Revers zu tragen, da der Einsatzort der britischen Streitkräfte der Nordabschnitt der Westfront, hauptsächlich in Belgien war.

[2] Man vergleiche es mit der Debatte über Christopher Clarks Die Schlafwandler wiedereinmal geführt wurde.

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt0064754/reference/

Die Indexierung befindet sich hier: https://verfuehrungzumfilm.wixsite.com/exkursionen/post/oh-what-a-lovely-war

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