Madame de...

(Frankreich 1953) 

Wo bitte bleibt der zweite Schuss!!“ ruft am Ende im Morgengrauen die verzweifelte Madame de … (Danielle Darrieux) als sich ihre Kutsche dem Duell Platz nähert, wo sich ihr Gatte mit ihrem Verehrer zur Klärung eines Skandals getroffen haben, den sie selbst vor geraumer Zeit ausgelöst hat. Um Schulden zu bezahlen hatte sie ein paar Ohrringe versetzt und sie ihrem Gatten (Charles Boyer) als verloren gemeldet. Da der diese ihr aber zur Hochzeit geschenkt hat, macht er dies „Missgeschick“ publik, worauf die Ohrringe weiter wandern, nur um wie im Reigen wieder bei ihr zu landen, diesmal aber als Geschenk von einem Verehrer (Vittorio De Sica), dessen Gefühle sie mehr als höflich erwidert. Das Wiederauftauchen ihrem Gatten als eine Dummheit ihrerseits zu erklären, führt zu der Forderung, die tödlich endet. 

Max Ophüls erweist hier der Literatur der Belle Epoque seine Reverenz, das Drehbuch nach einem eigenem Roman von Louise de Vilmorin vermittelt das Gefühl, dies wäre ein Stoff von Guy de Maupassant wie ihn ein Jahrzehnt zuvor Käutner in seiner Romanze in Moll verfilmt hatte. Ophüls selbst hatte sich 1952 in seinem Plaisier einer ganzen Reihe von Kurzgeschichten de Maupassants angenommen, er wusste, was er da wie zu verfilmen hatte. Ob die Traurigkeit, die man in jeder Einstellung dieses Filmes fühlt, jetzt dem poetischen Realismus[1] immanent war, , oder bereits auf eine beginnende Fin de Siècle Stimmung de Maupassants, der seine Werke in der frühen dritten Republik schuf, liegt bleibt offen, Ophüls selbst hatte ja schon seinem Reigen die Stimmung der Trauer über eine längst vergangene Epoche gegeben[2]. Jedenfalls wird den Protagonisten dieses Films mit vollem Bewusstsein kein Nachname gegeben, das dramatis personae steht für die Rollen, die diese in ihrer Gesellschaft zu spielen hatten. der gehörnte Ehemann war verpflichtet den Liebhaber seiner Frau zu fordern, andernfalls hätte er sein Ansehen in seiner Gesellschaft verloren, und das konnte ein General der französischen Armee sich nicht leisten.

Charles Boyer als Schauspieler hatte Probleme, diese simple Motivation zu verstehen, aber manchmal muss man einen Charakter so spielen, wie er geschrieben ist, Danielle Darrieux hingegen wurde von Ophüls die Rolle auf den Leib geschrieben, eine andere Besetzung stand nicht zur Debatte, ohne sie hätte es den Film nicht gegeben. Ursprünglich plante Ophüls eine Erzählung von de Maupassant als Come-Back-Vehikel für Greta Garbo zu machen, aber das zerschlug sich und in seinen Augen war neben der Garbo nur die Darrieux fähig, die nötigen Emotionen dezent genug in ihrem Spiel sichtbar zu machen. Angeblich übernahm Jean-Pierre Melville bei einem kurzem Setbesuch mal so schnell nebenbei das Inszenieren von Ballbesuchern in einer der Ballszenen. In Europa wurde der Film sehr schnell als Meisterwerk erkannt, in den USA hingegen als zu detailliert und langatmig beurteilt, etwas, was sich erst in den 1970er ändern sollte. Heute zählt man ihn in den USA zu den besten 100 nicht englischsprachigen Filmen überhaupt.

[1] Diese Stilrichtung wurde ja von Marcel Carne in Filmen wie Hafen im Nebel oder Der Tag bricht an noch vor dem zweiten Weltkrieg geschaffen. 

[2] Wobei seine Werke im französischem Exil wie Ohne ein Morgen oder Yoshiwara auch diese Stimmung haben.

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt0046022/reference/ 

Die Indexierung befindet sich hier: https://verfuehrungzumfilm.wixsite.com/exkursionen/post/madame-de


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