(Italien 1941)
Roberto Rossellini erfindet so nebenbei den Neorealismus in diesem Propagandafilm für die italienische Flotte, so könnte man diesen Film auch mal schnell bewerten und man wäre nicht allzu weit weg von der Wahreheit. Im Original heißt er La Nave bianca, und das weiße Schiff bezieht sich auf das Lazerettschiff, auf dem ein wichtiger Teil der Handlung spielt. Und weil es schwierig ist, Soldaten nur für einen Film länger von ihrem Posten loszueisen, aber noch aufwändiger einen Schauspieler in den militärischen Dienstbetrieb einzufügen, spielen sich die auf der Leinwand agierenden Charaktere einfach selbst, worauf auch im Vorspann explizit hingewiesen wird (und auch die IMDB führt nur zwei Personen, einen Heizer und eine Krankenschwester namentlich auf, die keinerlei weitere Einträge haben), genauso auch darauf, dass die Aufnahmen von dem beiden Seegefecht, eigentlich sogar zwei, während dieser an Bord der Kriegsschiffe gedreht worden war.
Unser Held, der namenlose Heizer (Augusto Basso) wirdeingeführt, als einem seiner Kameraden seine staatlich organisierte Brieffreundin[1] mal wieder nicht mehr geschrieben hat, er selbst aber kein Photo seiner Brieffreundin vorweisen kann. Die von seinem Kameraden geäußerten Phrasen über das Heidentum lassen einen gewissen Sarkasmus nicht verhelen – erstaunlich, dass dies durch die faschistische Zensur ging, aber der Film erzählt ja doch auch eine Geschichte über die Liebe, nicht nur über die heldenhafte Marine, die es im Laufe des Films ja mit der Royal Navy aufnimmt, und dabei nur leichte Schäden an den Schiffen hinnehmen muss und nicht, wie es heute gerne gesehen wird, einfach nur davon rennt[2]. Ein vereinbartes Treffen am Bahnhof fällt ins Wasser, als die Flotte zu einem Gefecht auslaufen muss. Für etwas 20 Minuten erleben wir, wie sich die Besatzung fühlt, wenn man unter deck und hinter Panzerstahl nichts sieht, was denn da draußen geschieht, und unser Held wird durch einen Treffer verletzt, heißer Dampf führt zu üblen Verbrennungen, aber das Personal aus dem beschädigten Kesselraum wird auf ein Lazarettschiff transferiert, während das Schlachtschiff selbst noch weiter im Einsatz steht. Und wie es ein guter Propagandafilm so einrichtet, ist natürlich das verpasste Date genau die neue Krankenschwester, die sich um das Krankenzimmer kümmert, in dem die Verletzen aus dem Kesselraum liegen.
Der Plot ist eine Meditation über Liebe und Pflicht, was einem bei dem Auftraggeber nicht verwundert. “Das ist die Pflicht und das Schicksal einer freiwilligen Krankenschwester“ erklärt der Kapitän des Lazarettschiffs den Krankenschwestern, als dieses in seinen Hafen einläuft, und er einen Teil der Freiwilligen ersetzen muss, weil neue an Bord kommen.Für die Bilder in strahlendem Schwarzweiß zeigte Pierro Cavazzuti verantwortlich, einer seiner Assistenten war ein gewisser Mario Bava, so wie die Schauspieler ruhig und stoisch am Ende an Deck stehen, und die Bilder durch Türen geframet werden, erinnert es bisweilen auch an Eisenstein und Ford.1941 gewann er in Venedig den Preis als bester faschistischer Film, heute ist er schwer zu sehen, die Verfügbare Kopie scheint um ein paar Minuten gekürzt zu sein.
[1] Eine Propagandamaßnahme, die in allen Kriegen der letzten 150 Jahre von allen Seiten gerne verwendet wird, um eine Verbindung zwischen Front und Heimat herzustellen und den einsamen Soldaten nicht völlig allein zu lassen.
[2] Wir alle kennen den Witz, dass italienische Panzer nur ein Vorwärts- aber 4 Rückwärtsgänge hat, falls der Feind einmal von hinten kommen sollte. Was nichts daran ändert, dass Italien noch schlechter auf den Krieg vorbereitet war wie Frankreich und Mussolini nurt den Krieg erklärt hat, um sich noch schnell ein kleines Eck vom Kuchen abzuschneiden, bevor nach Dünnkirchen auch das Vereinigte Königreich aus dem Krieg ausscheidet, weil ihm ein ehrenvoller Frieden angeboten werden würde. Er hat sich in mehrfacher Hinsicht geirrt.
IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt0033941/reference/
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