Montparnasse 19

(Frankreich/Italien 1958)

Eigentlich wollte Max Ophüls diesen Film drehen, doch er starb bereits nach wenigen Drehtagen. Jacques Becker, einer der großen Regisseure der 4. Republik, übernahm die Regie in dieser französisch-italienischen Co-Produktion einer Filmbiographie über den Maler Amadeo Modigliani (Gérard Philipe), dessen Gemälde seit seinem frühen Tod als Meisterwerke gelten. Ophüls und Michel-Georges Michel hatten sich der letzten Phase des Lebens Modiglianis vorgenommen, als mit seiner Freundin Beatrice (Lili Palmer) Schluss gemacht hatte und mit der nächsten, Jeanne (Anouk Aimee) zusammenzog, als er seine Tuberkulose in Nizza auskurieren wollte. 

Aber natürlich geht es nicht um einen Kampf zweier Frauen um ein Herz, sondern um den Künstler und der Wert der Kunst an sich. Als begnadeter Maler (und vielleicht auch gerade deswegen) ging es ihm um die Kunst, den Akt des Auf-die-Leinwand-Bannens seiner Vision[1] und nicht unbedingt um das Vermarkten. Es werden in der Filmhandlung zwar ein paar größere Verkaufsausstellung gezeigt, aber in den ist Modigliani selbst das größte Verkaufshindernis. Allerdings wird die Großartigkeit seiner Kunst mit den überlangen Gesichtern in seinen Portraits allgemein erkannt und der große „Bösewicht“ ist der Kunsthändler Morel (Lino Ventura) der am Ende, statt der in Sorge ob der Gesundheit Modiglianis befindlichen Jeanne die Nachricht dessen Todes im Krankenhaus zu übermitteln einfach alle noch unverkauften Gemälde in der gemeinsamen Wohnung für ein Spottgeld kauft.

Dass die echte Jeanne aus Trauer ein paar Tage später aus dem Fenster sprang und dies nicht überlebte, erzählt uns der Film nicht. Das hätte den poetischen Pessimismus, der über dem ganzen Film liegt dann doch der Poesie beraubt.

 Ophüls plante das ganze mit für ihn typischen langen fließenden Kamerafahrten zu filmen, und Becker konnte diesen Stiel auch gut weiterführen, da er selbst ähnlich arbeitete. Die Szenen vom Leben in der Gosse, billige Kneipen, ärmliche Absteigen, billige Hotels stehen im Kontrast zu der großbürgerlichen Welt der Kunstkäufer und Händler, denen es bisweilen mehr um die Gespräche und das Catering in den Kunstsalons als um die ausgestellte Kunst geht[2]. Es ist immer wieder ein Spaß, den großartigen Schauspielern zuzusehen, Lino Ventura begann ja seine Karriere unter Jacques Becker 1953, Gérard Philipe sollte ja bereits ein Jahr später selbst sterben, Anouk Aimee hingegen verstarb erst im Sommer 2014.

[1] Den Akt des Sehens in ihm selbst, egal mit welchen vorgeschalteten Filtern wie Nikotin oder Alkohol, nicht die Wiedergabe der physischen Realität. 

[2] Bei halbverhungerten Bohemiens ist das Interesse für das kostenlose Catering allerdings durchaus verständlich. Been there, done that.

imdb-link:https://www.imdb.com/title/tt0050123/reference/

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