Die Freundinnen

(Italien 1955)

Eigentich ist das ein typischer Antonioni, ich selbst habe den vor einem viertel Jahrhundert zu erstenmal gesehen, eine Woche bevor ich sein absolutes Meisterwerk, Die mit der Liebe spielen gesehen zum ersten Mal habe. Ja, es gibt eine direkte Verbindung zwischen den beiden Filmen, nämlich die männliche Hauptrolle, die in beiden Gabriele Ferzetti spielt, dennoch sind es zwei völlig verschiedenartige Filme, die sich trotzdem stilistisch und im Menschenbild sehr gleichen. Vielleicht ist das der Grund, warum er heute kaum mehr gesehen wird. Dieser Film ist im Gegensatz den drei Filmen, Die mit der Liebe Spielen, Die Nacht und Liebe 1962, die von Tonio Guerro als Drehbuch geschrieben worden sind, eine Literaturverfilmung und es steht nicht nur ein Paar mit seiner scheiternden Beziehung im Mittelpunkt sondern eine ganze Gruppe von Frauen aus der oberen Mittel- und Oberschicht, die sich selbst durch ihren geschäftlichen Erfolg und ihr Liebesleben definieren.  Die Vorlage ist der Roman Die einsamen Frauen von Cesare Pavese[1], den Antonioni von zwei Schriftellenrinnen, einer aus der gehobenen Belletristik und einer aus den Niederungen der Gebrauchsliteratur, als Drehbuch bearbeiten ließ. 

Eine lesbische Beziehung fiel der Bearbeitung zum Opfer. Ein Selbstmordversuch aufgrund wohl nicht erwiderter Liebe bringt die römische Geschäftsfrau Celia (Eleonora Rossi Drago) in Kontakt mit dem Turiner Zirkel um Nomina (Yvonne Furneaux), in dem die gelangweilten Frauen ihre kleinen Machtspielchen untereinander um die dazugehörigen Männer treiben, ohne Rücksicht auf Verluste.

Ja, auch hier wird mit der Liebe gespielt, Ansichten auf das Leben prallen aufeinander und es wird klar, warum der deutsche Verleiher fünf Jahre Später L'avventura als Die mit der Liebe spielen in die Kinos brachten. Die Szene, wie Celia am Bahnhof nocheinmal mit ihrem Freund telephonieren will und dabei einen Mann, der sie ansprechen will wie ein Objekt beiseite schiebt, zeigt Antonionis typische Brillianz.

Der Neorealismus[2] war in Italien vorbei, jetzt war die Welt der Mittelschicht wieder in Ordnung, zumindest in Norditalien galt wieder das Aufstiegsversprechen durch Erfolg, und man kann sich eine Monica Vitti aus L'avventura durchaus als eine der Freundinnen aus dem Zirkel vorstellen, auch in diesem Zirkel merkt man manchen der Frauen an, dass sie erst kürzlich in diese Kreise aufgestiegen ist, Celia selbst weist darauf hin, dass sie vor lauter Arbeit noch gar nicht zu soetwas wie einem Privatleben gekommen ist.

 Man kann das durchaus als einen durch den verlorenen Krieg verursachten Kulturwandel interpretieren, einen Blick auf eine längst vergangene Kultur ist es allemal. 

[1] Pavese selbst beging kurz nach der veröffentlichung dieses Romans Selbstmord. 

[2]Antonionis ersten beiden Kurzfilme standen stark unter diesem Einfluss, aber sonst ging es ihm selten um den Einzelnen und den Einfluss wirtschaftlicher Umstände auf ihn, wie bei de Sica und dem frühen Fellini, auch wenn der in Die Dame ohne Kamelien durchaus spürbar ist, aber am deutlichsten ist der Einfluss sinnigerweise in seinem Der Schrei.

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt0047821/reference/

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