(Frankreich 1966)
Drei Männer fliehen aus dem Gefängnis, aber nur einer schafft es. Und dieser eine , Gu (Lino Ventura), ist die Hauptperson dieses Films. Er war einmal wegen eines großen Goldraubes Staatsfeind Nummer 1 und er hat immer noch ein paar Rechnungen offen. Seine Schwester Manuche (Christine Fabréga) hat während der Haft geheiratet, sein alter Kumpel Alban (Michel Constantine) ist immer noch ihr Leibwächter, und dann wird ihr Mann in ihrem Nachtclub von alten Konkurrenten erschossen. Kommissar Blot (Paul Meurisse)[1], der auch ein Auge auf Manouche geworfen hat, will sie verwenden, um Gu wieder habhaft zu werden, doch der hat mal so nebenbei deren Entführung verhindert.
Ab dem Moment seiner Geburt hat der Mensch nur eine Wahl, die Art seines Todes, diesen Text stellt Jean-Pierre Melville seinem Film voran, und genau dieser Maxime folgt Gu, eigentlich hat er eine gute Chance, das Land zu verlassen, aber dann wirft das Schicksal, sprich das Drehbuch, immer wieder einen Schraubenschlüssel in den Weg. Die beiden Gangster, die den Gatten seiner Schwester erschossen haben und dann noch diese entführen wollten werden von Gu ermordet, ein andere Verbrecher will einen Überfall nicht selbst durchführen, nennt aber Gu als brauchbaren Ersatz, doch der Überfall scheitert lange nach seiner erfolgreichen Durchführung an einem blöden Zufall und führt dazu, dass Gu geschnappt wird und in den Verdacht gerät, dass er einen seiner Komplizen verpfiffen hat. Dieser Verdacht führt dazu, dass die Gangster, bis auf einen, sich gegenseitig erschießen, denn Illoyalitäten können nicht geduldet werden.
Melville zeigt hier mal wieder eines seiner Lieblingsthemen, verschworene Gemeinschaften und der Verrat in diesen. Gegenüber Gu loyal sind nur seine Schwester, der, den er angeblich verraten hat und am Ende noch im Gefängnis sitzt, ein Gangster, der sich für ihn eingesetzt hat und, erstaunlicherweise Kommissar Blot, der ihn zwar noch beinahe festnimmt, aber zugleich für seine Rehabilitierung in seinen Kreisen sorgt.
Ein wenig klingt da das Ende von Drei Uhr Nachts an, hingegen nimmt Gu schon den eiskalten Profikiller aus Le Samourai vorweg. Der große Überfall auf den Geldtransporter wird fast in Echtzeit durchgespielt, man merkt auch hier die Erfahrung Melvilles als Résistancekämpfer während des zweiten Weltkrieges, einem Thema, dem er sich ja auch noch groß in Armee im Schatten gewidmet hat. Melville steht immer in seinem Stil dem frühen Bresson[2] nahe, in ihrer Trockenheit der Erzählung und dem klaren Realismus sind sie fast Zwillinge.
Interessant ist, dass in dem anderem großen französichem Gangsterfilm des Jahres 1953, Jacques Beckers Wenn es Nacht wird in Paris, in dem Lino Ventura sein Filmdebut gab, er auch schon auf der anderen Seite wie Paul Frankeur stand.
[1] Er spielt den Kommissar hier fast so, wie das angebliche Mordopfer in Die Teuflischen.
[2] Wenn man es mit seinem Hohelied der Liebe und seinem Ein zum Todeverurteilter ist entflohen vergleicht.
IMDB/Link: https://www.imdb.com/title/tt0060305/reference/
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