Das gewisse Etwas

(USA 1927) 

Im Orginal heißt der Film „It“. Nein, hier geht es nicht um Wesen die unter Bordsteinen leben, oder gar unsterbliche, unbegreifliche Mächte[1], obwohl....

Elinor Glyn war nach dem ersten Weltkrieg eine sehr erfolgreiche Schriftstellerin, die einen Aspekt des gesellschaftlichen Wandels beschrieb, Frauen, die sich in der urbanen Welt ihren Weg nach oben kämpften und dabei das, was nur sie hatten als Werkzeug zum gesellschaftlichen Aufstieg einsetzen, ihre Ausstrahlung, das gewisse Etwas, dass man, die prüden Moralhüter erschreckend, auch Sexappeal nannte. 

Die moderne junge Frau trug relativ kurze Röcke, trug ihr Haar kurz, rauchte, trank, und sorgte selbst für ihren Lebensunterhalt. Zwar denkt man heute bei uns eher an Louise Brooks, doch war die Person, die diesen Typ Frau, den Flapper, auf der Leinwand darstellte zuerst Colleen Moore, deren Filme aber leider zum großen Teil als Verloren gelten, und eben der Star dieses Films, Clara Bow.

Und Clara Bow ist ein Energiebündel, dass leider den Wechsel zum Tonfilm und eine Reihe von Skandalen (danke Boulevardpresse) mental nicht verkraftet hat, aber hier in diesem Stummfilm ist klar ersichtlich, warum sie der Top Star des Paramount Studios war. Hier spielt sie die Verkäuferin Betty, die sich Cyrus (Antonio Moreno), den Sohn des Besitzers, des Kaufhauses angelt, ihn beinahe aus Solidarität zu ihrer Mitbewohnerin verliert und am Ende doch sicher in den Hafen der Ehe steuert.

Eigentlich eine ganz einfache romantische Komödie, aber auch eine Abrechnung mit den alten Eliten und deren Menschenbildern, die, wie uns die Geschichte gelehrt hat, zur Konsolidierung der organisierten Kriminalität führte. 

Die entscheidende Szene für das Drama liegt nicht in Handlungen, die die kesse Betty begangen hat, sondern in einem kleinen, absolut verständlichen Fehler den ihre Mitbewohnerin Molly (Priscialla Bonner), eigentlich ein kleines graues Mäuschen, ein gutes Jahr zuvor gemacht hat, sie hat zum falschen Zeitpunkt mit einem Mann geschlafen und ist jetzt Mutter eines unehelichen Kindes.

Und bei unverheirateten Müttern aus der Arbeiterklasse, die keine Arbeit haben, da denkt die Kinderfürsorge natürlich gleich an Kindeswohlgefährdung und will, vertreten durch eine Frau mittleren Alters, das Baby in ein Waisenhaus geben. Ihr gegenüber gibt Betty, um das Kind bei der Mutter zu halten, es als das ihre aus. Sie hat ja schließlich einen Job, doch durch einen blöden Zufall bekommt diese Falschinformation Cyrus zu Ohren, eine Geliebte mit einem unehelichem Kind ist für ihn kein Problem, aber eine Ehefrau, nein, das ist völlig unmöglich. 

Um es ihm heimzuzahlen schmuggelt sie sich hochstapelnd an Bord der Yacht, wo Cyrus eine Party gibt, um ihm eine Szene zu machen und sich für diese Zurücksetzung zu rächen, doch am Ende, inklusive mehrerer Rettungen Überbordgegangener sind die Missverständnisse geklärt.

Elinor Glyns zugrundeliegende Kurzgeschichte hat mit der Handlung des Films nicht mehr sonderlich viel zu tun[2], so war die Person mit dem gewissen Etwas, was nach Glyns Meinung nicht mit Sexappeal übersetzt werden dürfe, ein Mann, was man ja in den ersten Szenen zwischen Cyrus und seinem Freund Monty (William Austin) noch merkt, auch wie Elinor Glyn am Anfang in den Stoff einführt, kann man auch als Productplacement oder zumindest Selfpromotion bezeichnen. 

Nominell führte Clarence G. Badger Regie, doch wurden einige Szenen auch vom Regieassistenten Josef von Sternberg inszeniert, für Paramount war das ein sehr erfolgreicher Film, doch nach dem zweiten Weltkrieg galt er erstmal als verloren, bis im Ausland in den 1960er in einem Archiv noch eine Kopie entdeckt wurde. Das American Film Institue hat ihn auf seiner Liste der wichtigsten amerikanischen Filme.



[1] Wenn man über diese Schiene made in Germany denkt. 

[2] Warum das völlig normal ist, wird uns ja in In a lonly Place erklärt. 


IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt0018033/reference/

Die Indexierung befindet sich hier: https://verfuehrungzumfilm.wixsite.com/exkursionen/post/das-gewisse-etwas

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